Die Planlosen

Ich habe mich bei Firma X beworben. Expert-Level, keine Führungsrolle. Die Ausschreibung läuft über einen Personalberater.

Runde 1

Ein Telefoninterview mit dem Berater. Der Job überzeugt, ich ebenso, ich bin eine Runde weiter. Mehrfach wurde betont, dass die zukünftige Kollegin Wert darauf lege, dass man auf gleicher Hierarchieebene stehe, „sie brauche niemanden, der sich als Chef aufspielt“. Ist mir klar, steht ja so in der Ausschreibung.

Runde 2

Es folgt ein seltsamer Persönlichkeitstest mit einem Ergebnis, das an ein Horoskop erinnert. Es könnte alles und nichts bedeuten. Was auch immer Firma X hören wollte, die Sterne stehen gut für mich, ich werde zu einem weiteren Gespräch eingeladen.

Runde 3

Diesmal spreche ich mit der HR-Leiterin. Es geht zwar noch um den gleichen Job, aber nicht mehr um Firma X, sondern um Firma Y. Aus der ursprünglichen einen Kollegin (die keinen Chef will) wird ein ganzes Team, das an anderer Stelle abgezogen werden soll. Okay, klingt immer noch interessant. Ich bin wieder eine Runde weiter.

Runde 4

Das nächste Gespräch führe ich mit dem Herrn, der einen Teil seines Teams und seiner Aufgaben an mich abtreten soll. Von den Aufgaben weiß er, vom Team nichts. Schön langsam wird das dubios.

Runde 5

Nächste Runde. Ein Gespräch mit der HR-Leiterin und dem Geschäftsführer von Firma Y. Und wieder hat sich die Jobbeschreibung erheblich verändert. Die Firmen X und Y haben eine gemeinsame Tochter, Z. Dort soll ich plötzlich eine Abteilungsleitung übernehmen. Die Abteilung bestünde allerdings nur aus mir, das vorgesehene Team gibt es nämlich doch nicht. Oder noch nicht. Ich verstehe nur noch Bahnhof. Ach ja, übersiedeln wird man übrigens auch demnächst.

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Die Candidate Journey als unvorhersehbare Abenteuerreise zu gestalten ist zwar sicherlich gut gemeint, aber wenig hilfreich. Meine Verwirrung ist scheinbar nicht offensichtlich genug, ich bekomme den Job und den Dienstvertrag gleich dazu.

Die Verwirrten

Den werde ich unterzeichnen. Vielleicht. Oder auch nicht. Möglicherweise nur einen Teil davon. Oder mit einem anderen Namen. Wie auch immer, wer wird es denn so genau nehmen?

Es handelt sich hier übrigens nicht um ein Start-up, bei dem sich erst alles finden muss. Auch nicht um eine dubiose Hinterhof-Bude. Nein, wir sprechen von einem bundesweit bekannten Branchenführer.

Nach diesem Marathon wird es in der nächsten Episode direkt gemütlich. Nur drei Gesprächs-Runden! Aber auch die hätte ich mir ersparen können. Warum, lesen Sie nächsten Sonntag. Halten Sie Notizblock und Stift bereit, es gibt etwas zu Lernen!

Bilder: Disney